"Gehst Du dieses Jahr auch auf den CSD?" Nicht jeder Schwule weiß, was sich hinter den kryptischen drei Buchstaben verbirgt. Deshalb hier in aller Kürze die Geschichte des Christopher Street Days: Alles begann 1969 in New York. Dort gingen Schwule, Lesben und Sympathisanten auf die Straße, um gegen schikanöse Polizeirazzien im Schwulendistrikt rund um die legendäre Christopher Street zu protestieren. Es kam zu schweren Ausschreitungen, ehe die Polizei nach mehreren Tagen den Rückzug antrat. Seitdem gilt die Christopher Street als Sinnbild schwuler Selbstbefreiung, und noch heute erinnern die jährlichen CSD-Festlichkeiten an die damaligen Ereignisse. Ende der siebziger Jahre fand in Frankfurt mit dem "Homolulu" eine der ersten CSD-Ableger in BRD statt. 2.000 Besucher zählten die Veranstalter damals, heute gehen die Teilnehmerzahlen in den deutschen Metropolen weit darüber hinaus. Wie genau hat man sich so einen CSD nun vorzustellen? Grundsätzlich ist es eine bunte Mischung aus Straßenfest, Demonstration und Faschingsumzug. Sicher nicht jedermanns Sache, aber mitgemacht haben sollte man das Spektakel dann schon einmal. Für viele ist es auch einfach eine ganz besondere Erfahrung zu sehen, daß man nicht allein ist, sondern Schwule und Lesben überall zu finden sind. Und vereinzelt hört man sogar von Beziehungen, die sich durch eine Begegnung auf einem CSD entwickelt haben... Politische Erklärung Unter dem Motto 30 Jahre CSD "Vielfalt in den Lebensformen - Gleichheit in den Rechten - JETZT!" demonstrieren wir für die unverzügliche rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Deutschland. Die Lebensformen von Lesben und Schwulen sind zwar weitgehend toleriert, rechtlich aber nicht abgesichert. Fehlendes Zeugnisverweigerungsrecht, Besuchs- und Entscheidungsrecht im Krankheitsfall bis zum fehlenden Aufenthalts- und Arbeitsrecht für den Partner oder die Partnerin aus dem Ausland sind nur einige Beispiele. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die rechtliche Absicherung unserer Lebensgemeinschaften zugesagt. Wir fordern die zügige Umsetzung dieses Wahlversprechens. Wir erwarten dabei die gleichen Rechte, wie sie heterosexuelle Ehepaare haben. Konservative Gegenstimmen dürfen die Bundesregierung nicht von diesem Reformprojekt abbringen. Wir halten eine Neubestimmung des Familienbegriffes für notwendig. Die Privilegierung der Ehe muß dabei abgebaut werden, u.a. durch Streichung des Ehegattensplittings. Steuerliche Vorteile sollen nur diejenigen haben, die eine soziale Fürsorge unter anderem für Kinder, Alte, Kranke und Behinderte übernehmen. Lesben und Schwule wollen auch mit Kindern leben können. Das bedeutet: keine Benachteiligung lesbischer Frauen und schwuler Männer bei Sorgerechtsentscheidungen; das Adoptionsrecht, auch bei einer Ehe von Lesben und Schwulen; gleiches Recht auf künstliche Befruchtung. Im Vordergrund muß immer das Wohl des Kindes stehen. Die Fähigkeit sich um Kinder angemessen kümmern zu können ist von der sexuellen Orientierung unabhängig. 1999 ist in Nordrhein-Westfalen das Jahr der Kommunalwahlen. Köln ist mit über 80000 Lesben und Schwulen das Lesben- und Schwulenzentrum West. Erstmals wählen die Kölnerinnen und Kölner direkt einen neuen Oberbürgermeister/eine neue Oberbürgermeisterin. In der Vergangenheit hat der Rat der Stadt Köln mehrheitlich die Bemühungen von Lesben und Schwulen zur Einrichtung eines Runden Tisches abgelehnt. Während in anderen Städten wie Münster und Essen unsere Ideen aufgegriffen und umgesetzt wurden, hinkt die Stadtverwaltung Köln hier hinterher. Wir erwarten von der neuen Stadtspitze und dem neugewählten Rat, daß sie Lesben und Schwule aktiv in Entscheidungen einbinden. Die positiven Chancen der Vielfalt der Lebensformen in Köln sollte aufgegriffen werden. Das bürgerschaftliche Engagement von Lesben und Schwulen benötigt kurze Wege in der Verwaltung und AnsprechpartnerInnen mit Kompetenz. Köln rühmt sich gerne seiner toleranten Art. Toleranz bedeutet aber „lediglich" dulden. notwendig ist aber die Akzeptanz lesbischer und schwuler Lebensweisen. Lesben und Schwule sollten selbstverständlicher Bestandteil der städtischen Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung werden. Die Beflaggung des Rathauses mit Regenbogenfahnen zum CSD wäre ein wichtiges Symbol der Solidarität der Stadt Köln mit der lesbisch-schwulen Bürgerrechtsbewegung. Der Kölner CSD hat sich mit viel ehrenamtlichem Engagement zur drittgrößten Veranstaltung in Köln entwickelt. Wir erwarten von der Stadtverwaltung und insbesondere von der KVB künftig tatkräftige Unterstützung. Bis zu einer bundesgesetzlichen Regelung für lesbische und schwule Lebensgemeinschaften kann die Stadt Köln bereits jetzt die Situation der Binationalen Partnerschaften erheblich verbessern. Maßgeblich für die Visaerteilung einer lesbischen Partnerin/eines schwulen Partners durch die deutsche Botschaft ist die Stellungnahme des kommunalen Ausländeramtes. Bereits jetzt könnte die Stadt Köln nach Maßgabe des Urteils des OVG Münsters Aufenthaltserlaubnisse erteilen. Wir halten eine großzügige Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen, und die Bewilligung von Arbeitserlaubnissen für dringend notwendig. Im vergangenen Jahr wurde in Köln Europas erstes lesbisch-schwules Jugendzentrum eröffnet. Die dauerhafte Förderung des lesbisch-schwulen Jugendzentrums durch die Stadt Köln muß gesichert werden. Es müßten Modelle von Leben im Alter für Lesben und Schwule entwickelt werden: auch ein Leben mit Jung und Alt, und auch mit Heteros. Die Stadt kann hier Hilfestellung für neue Projekte geben. In den bestehenden Altersheimen sollte es selbstverständlich werden, daß auch lesbische und schwule Paare ein „Ehegattenzimmer" erhalten. Lesbische und schwule Projekte müssen eine spezielle Unterstützung erhalten, die sich u.a. in einer eigenen Etatisierung ausdrückt. Das SCHULZ ist ein wichtiger Ort lesbisch-schwuler Selbsthilfearbeit. Gerade zahlreiche kleinere Gruppen finden dort einen Ort. Eine finanzielle Grundförderung wird künftig notwendig werden. Das SCHULZ muß an seinem Standort dauerhaft gesichert werden. Die Finanzierung von Familienberatung durch die Stadt Köln sollte auch für bestehende Projekte der Lebensberatung für Lesben und Schwule erfolgen. Die Unterstützung und Förderung lesbisch-schwuler Sportprojekte muß fortgesetzt und nach Bedarf ausgebaut werden. Ein sportliches Großereignis wie die „Gay Games" wären eine Chance für Köln als Sportstadt. Mit dem Centrum Schwuler Geschichte ist es gelungen, lesbisches und schwules Leben in Köln darzustellen. Das Archiv ist ein sehr wichtiger Bestandteil zur Aufbewahrung lesbisch-schwuler Geschichte. Eine dauerhafte Sicherung dieses Projektes ist notwendig. Die Verfolgung von Lesben unter dem Nationalsozialismus in Köln ist bislang kaum erforscht. Hier ist - trotz aller Schwierigkeiten - eine Lücke zu schließen. Die Arbeit des Frauengeschichtsvereins ist daher ebenfalls zu unterstützten. Die Vielfalt der Gesellschaft in Köln in seinen Jahrhunderten sollte sich auch selbstverständlich im Kölner Stadtmuseum und der sich in Arbeit befindlichen Stadtgeschichte wiederfinden. Trotz aller Therapieerfolge hat sich AIDS nicht zu einer „normalen" chronischen Krankheit entwickelt. Die relativ erfolgreiche Bekämpfung der HIV-Epidemie in Deutschland/Köln beruht auf einer umfassenden Primärprävention. Unter dem Stichwort "Kölner Modell" ist ein relativ gutes Präventionssystem entwickelt worden. Trotzdem werden bestimmte Gruppen (z.B. männliche Prostituierte, Jugendliche) ungenügend erreicht. Ordnungsbehördliche Maßnahmen, wie die Sperrbezirksverordnung, verhindern z.T. wirksame Präventionsarbeit. Wir fordern die Stadt Köln auf, die Präventionsarbeit weiterzuführen und zu stärken. Einschnitte in der HIV-Testberatung sind rückgängig zumachen. Ansätze die Präventionsarbeit in eine breiter angelegte Gesundheitsförderung, z.B. bei schwulen Männern zu integrieren, sind zu unterstützen. Die Defizite in der Zielgruppenarbeit sind zu schließen. Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. KLUST e.V., Rubensstraße 8-10, 50676 Köln Tel. 0221 - 47 47 898/899 Fax 0221 - 47 47 897 Christopher Street Day Dreißig Jahre CSD 1969 - 1999 Die Geschichte des CSD begann am 27.06.1969 in der Christopher Street in Greenwich Village, dem schwulen Viertel von New York, als die Polzei einer ihrer damals üblichen Razzien durchführte. Die Besucher der Stonewall Inn Bar fügten sich diesmal nicht den Schikanen der Polizei, sondern schlugen zurück. Zum ersten Mal wehrten sich Schwule gegen ihre alltägliche Unterdrückung. Zwei Tage gab es Krawalle, und "Stonewall" wurde zum Symbol einer neuen Schwulenbewegung, die schnell die ganze USA und später auch Europa erfaßte. Heute gehen anläßlich des Christopher Street Day Schwule und Lesben zum Tausenden auf die Straße haben Spaß, präsentieren die Selbstverständlichkeit und Vielfalt dieser Art zu Leben und demonstrieren für eine Verbesserung der rechtlichen Situation. Die größten CSD-Paraden in Deutschland sind die am ersten Juli-Wochenende in Köln und eine Woche vorher in Berlin - in Köln waren im letztem Jahr über 600.000 Menschen dabei. Aber auch in Frankfurt, Hamburg, München und anderswo haben sich Straßenfeste und Paraden zum CSD fest etabliert.